Aufwachsen im Westjordanland - Gefangen im Zorn
DOKUMENTATION, D, E 2024
Tracks East
MAGAZIN Der Hölle entkommen?, D 2024
ARTE
Di.. 01.10.
Doku
Armenien, Spielball der Mächte
TV-Programm des deutsch-französischen Rundfunkveranstalters Association Relative à la Télévision Européenne. ARTE sendet ein Vollprogramm mit den Schwerpunkten Kultur, außergewöhnliche Dokumentationen, zeitgenössische Spielfilme sowie Musik- und Theaterproduktionen.
Dokumentation F 2024, 52′
Kurzbeschreibung
Die ehemalige Sowjetrepublik Armenien liegt im Südkaukasus zwischen Georgien, Aserbaidschan, Iran und der Türkei. Seit dem frühen 20. Jahrhundert ist das Gebirgsland mit der Karabach-Region Schauplatz geopolitischer Konflikte, mit ethnischen, religiösen, energiestrategischen, geografischen und politischen Ursachen und Einflussnahmen. Früher bestimmte die UdSSR über das Land, später Russland, die USA, Europa, Israel, Iran, die Türkei, Aserbaidschan und Armenien - in dieser neuen Variante des "Great Game" vertreten sie alle ihre eigenen Interessen.
Inhalt
Der Legende nach landete die Arche Noah auf dem Berg Ararat, dem Heiligen Berg der Armenier. An seinem Fuße liegt die Grenze zur heutigen Türkei. Seit 1993 ist diese geschlossen und wird von russischen Truppen bewacht - ein symbolisches Bild, denn die wahren Herrscher über die Region sind die Türkei und Russland. Armenien und die Karabach-Region blicken auf eine lange Geschichte zurück: Wiege früher Zivilisationen, Ziel zahlreicher Invasionen, Schauplatz von Tragödien. Seit Jahrzehnten kommt es zwischen Aserbaidschan und Armenien zu Konflikten um die Region Berg-Karabach.
1923 wollte Joseph Stalin sich die Unterstützung der türkischsprachigen Muslime sichern und überließ Aserbaidschan die Region Bergkarabach. Mit dieser absurden und brutalen Neuziehung der Landesgrenzen schuf er eine hauptsächlich von Armeniern bewohnte Gebirgsenklave in Aserbaidschan. Nach dem Zerfall der Sowjetunion, als die ehemaligen Republiken ihre Unabhängigkeit durchsetzten, wurde die Region Bergkarabach zum geopolitischen Pulverfass.
Aserbaidschan forderte die Region seit langem zurück, die Armenier dagegen betrachten Bergkarabach als ihr historisches Siedlungsgebiet. 1988 kam es zur gewaltsamen Eskalation. 1990 schickte Russland Truppen in die aserbaidschanische Hauptstadt Baku, der Konflikt führte zum Ersten Karabachkrieg (1991-1994) zwischen Armenien und Aserbaidschan. Russland hatte ein Militärbündnis mit Armenien und galt daher indirekt auch als Schutzpatron der Region Bergkarabach, ohne seine Verbindungen zu Aserbaidschans Regierung zu lösen.
Die Region kam aber auch in den vergangenen Jahren nicht zur Ruhe: Russland konnte beim Zweiten Karabachkrieg (2020) zwischen Armenien und Aserbaidschan vermitteln, es wurde ein vorübergehender Waffenstillstand vereinbart.
Ende des Jahres 2022 war der einzige Zugang über die Bergstraße nach Bergkarabach durch Aserbaidschan blockiert worden, sodass Hilfsgüter und Medizin nicht mehr in der Region ankamen. Diese letzte Landverbindung von Armenien nach Bergkarabach sollte eigentlich durch Russland gesichert werden. Doch Russland, das am 24. Februar 2022 in die Ukraine einmarschiert war, unternahm nichts, als Aserbaidschan den Korridor blockierte und Bergkarabach im September 2023 erneut angriff. Aserbaidschan wurde von der Türkei unterstützt und ist reich an Erdöl. Mehr als 100.000 Armenier wurden schließlich im Herbst 2023 aus Bergkarabach vertrieben. Aserbaidschan gewann den Krieg um die Region, mit Hilfe der Türkei und Israel - und nicht zuletzt durch die Passivität Russlands.
Am 1. Januar 2024 sollte die Republik "Bergkarabach" aufgelöst werden, die international allerdings nie als Republik anerkannt worden war - auch nicht von Armenien.
Der Konflikt reicht weit über Armenien und das anliegende Aserbaidschan hinaus. Die Ursachen sind ethnisch, religiös, geopolitisch und energiestrategisch bedingt.
Welche Zukunft gibt es für das Land Armenien, solange jedes Engagement und alle geostrategischen Entscheidungen der Beteiligten vom Krieg in der Ukraine oder der Energieabhängigkeit der westlichen Staaten von Russland bestimmt werden?
Sendungsinfos
Regie: Frédéric Tonolli
Stereo