PHOENIX
Sa.. 15.03.
Info
phoenix persönlich
- 30'
Gespräch
Inga Kühn im Gespräch mit Thomas Wiegold, Journalist und Militärexperte
Inhalt
In der Sendung "phoenix persönlich" spricht Inga Kühn mit dem Journalisten und Sicherheitsexperten Thomas Wiegold über die Chance auf einen Frieden in der Ukraine, nukleare Abschreckung, die Bundeswehr und die Sicherheit Deutschlands und Europas.
"Dass die Deutschen anfangen, über ihre Sicherheit mal zu reden und nachzudenken, das ist schon eine ganze Menge wert", sagt der Journalist und Sicherheitsexperte Thomas Wiegold. "Wir haben dieses Thema über Jahrzehnte einfach an den Rand gedrückt. Ich akzeptiere jeden, der sagt, ich will keine Aufrüstung, ich will keine stärkere Bewaffnung, ich will schon gar keine Atomwaffen. Das ist alles nachvollziehbar. Aber wir haben uns der Debatte verweigert. Und das halte ich für ein Problem."
Die Aussichten auf eine mögliche Waffenruhe im Krieg Russlands gegen die Ukraine betrachtet Wiegold eher mit Skepsis: "Einfach deswegen, weil wir eine russische Führung haben, einen russischen Präsidenten, die eigentlich bislang nicht von ihren Maximalforderungen abgerückt ist. Putin hat klar gemacht, er möchte eigentlich das Ende der unabhängigen Ukraine, nicht nur einzelne Geländegewinne, sondern im Grunde genommen eine andere Regierung in Kiew, einen anderen Präsidenten und eine andere Kontrolle Russlands über dieses Land." Auf der anderen Seite gebe einen US-Präsidenten, der "sehr erratisch" handele. "Und das Beides zusammengenommen, lässt einen wirklich ein bisschen zweifeln, ob ein Waffenstillstand und erst recht, ob ein Frieden in Reichweite ist."
Um die Bundeswehr gut aufzustellen, würde es wenig helfen, nur die Wehrpflicht wieder in Kraft zu setzen, sagt Wiegold, der auch den sicherheitspolitischen Blog "Augen geradeaus!" betreibt. "Der Bundeswehr fehlt es an Gerät, an Ausbildern, schon an Kasernen für Wehrpflichtige. Und da sieht man einfach, dass dieses wieder in Kraft setzen eben nicht von heute auf morgen geht, sondern ein Prozess ist, der sich über Jahre hinzieht." Zudem verweist Wiegold darauf, dass ein Viertel der Freiwilligen ihren Dienst wieder abbreche. "Unter anderem, weil sie sagen, es ist so langweilig, weil es passiert ja nichts. Ich habe mich in ein Panzerbataillon gemeldet, aber es gibt keine Panzer, also gibt es auch keine Ausbildung. Ich dreh Däumchen, das muss ich nicht haben. Also, wenn schon ein Viertel der Freiwilligen nicht gehalten werden kann, ist es natürlich ein bisschen unsinnig zu sagen, mit einem Zwangsdienst löst man dieses Problem."
Dass sich Deutschland und Frankreich darüber verständigen, die Force de Frappe auch auf Deutschland oder noch weiter östlich auszudehnen, hält Wiegold, Podcaster bei sicherheitshalber, momentan für nicht "so wahrscheinlich". Und selbst wenn, würde es eine ganze Weile brauchen, bis das "effizient" und "glaubhaft" wäre. "Und da sind wir bei dem Punkt, der für nukleare Abschreckung ganz entscheidend ist: Ist es glaubhaft, dass ein Land sagt, ich beantworte einen Angriff mit Atomwaffen? Da ist auch im Moment einfach das Grundproblem, dass die Politik von Donald Trump die Befürchtung weckt, dass die russische Seite sagt, naja, ihr meint es ja grundsätzlich gar nicht ernst mit der Abschreckung und das testen wir vielleicht mal."